Christa Nohe | Aus der ALLEINsein-keit in die EIN-samkeit.

Meine Gedanken, Gefühle, Erlebnisse und Erfahrungen zu COVID-19
Frühjahr 2020 im Lockdown
!

Ausgerechnet an einem Freitag den 13. im Frühjahr 2020 änderte sich schlagartig mein Leben. Es war auf dem Weg zu einem ereignisreichen Eventwochenende in Norddeutschland. Eine Informationsreise für Seminar- und Meetingplaner, Hotelvermittler und Incentiveagenturen, um neue Destinationen und Hotels für Kundenveranstaltungen kennen zu lernen.

Plötzlich überschlugen sich die Nachrichten über Covid-19, stündlich neue Bilder und Horrornachrichten in den Medien, es verbreitete sich eine unaufhaltsame Panik um mich herum! Binnen 3 Tagen wurde mir bewusst, dass all meine geplanten Termine, Veranstaltungen, Vorreisen etc. für die nächsten Wochen abgesagt werden. „Es wird mit dem Virus schon nicht so schlimm sein“ versuchte ich mir anfangs noch einzureden! Aber während des Wochenendes in Gesprächen mit Kollegen wurde mir rasch klar, wie sehr der Coronavirus mein Leben verändern wird!

Ich beschloss das Beste daraus zu machen und wollte noch ein paar Tage zum Skifahren! Doch dieser Traum wurde durch die plötzlichen Grenzschließungen rasch in seinem Keim erstickt. Der bevorstehende Lockdown tönte schon aus allen Medienkanälen.

„To-do Listen“ erstellen mit allem was in den letzten Wochen so liegen blieb. Kunden informieren um wenigstens per Mail oder Telefonat versuchen, noch den Kontakt zu halten, Einkaufslisten für den „Notfall“ schreiben, Ausmisten und derart vieles mehr bestimmten plötzlich meinen Tagesablauf. Das Telefon war still geworden, Emails reduzierten sich auf ein Minimum und es kamen nur noch Absagen von Terminen und geplanten Projekten wie bereits organisierte Firmenmeetings, Seminaren, Produktpräsentationen oder „Wettbewerbsreisen“ der Unternehmen für die nächsten Wochen oder Monate. Von 100 auf 0 wurde beruflich mein Leben zwangsläufig zurück gebremst und ich konnte nichts dagegen tun!

Dennoch vergingen die ersten beiden Wochen noch einigermaßen gut!

Ich war mit dem Abarbeiten meiner „to-do’s“ beschäftigt, verbrachte viel Zeit in Telefonaten mit Freunden und Familie und dabei wurde jedes Gespräch beendet mit „BLEIBE GESUND!

Gymnastik drinnen oder Sport in der freien Natur standen so oft als möglich auf dem Tagesplan. Noch nie sind mir so viele Sportler im Wald begegnet, Spaziergänger waren plötzlich freundlich und grüßten, bedankten sich, wenn man mit Abstand an Ihnen vorbei ging, sogar so manch ein Lächeln kam dem einen oder anderen – in der sonst so hektischen Welt – über die Lippen!

Allmählich fehlten mir die Strukturen im Alltag, geregelte Tagesabläufe. Immer öfter fühlte ich mich mehr und mehr eingeengt und alleine, war traurig und gleichzeitig froh,  mich draußen in der herrlichen Frühjahrsnatur „noch frei“ bewegen zu können, dennoch war es ein Gefühl „Eingesperrt auf Zeit zu sein“!

Das Leben war plötzlich ein anderes, vom Allein-sein rutschte ich peu á peu ins Einsam-sein!

Ein Gefühl der Leere machte sich in mir breit, „nicht mehr gebraucht zu werden“, etwas organisieren oder planen zu können, Freunde treffen. Was ich mir am Vorabend oder morgens vornahm, war abends noch nicht erledigt. Ich hatte wochenlang meine Malutensilien und Leinwände bereit gestellt, um mir malerisch die Zeit zu vertreiben und die „Coronapause“ plakativ darzustellen, doch damit beginne ich erst heute, 3,5 Monate später! (Foto anbei)

Zwischen Motivations- und Gesundheitswebinaren, Joggen im nahegelegen Wald (wo ich allmählich jeden Busch kannte), News lesen oder kochen, schaute ich am Fenster immer öfter auf leere, verwaiste Straßen, reichlich besät mit Autos, denn fast  jeder war im Home Office. Kaum eine Menschenseele war zu sehen. Alles war geschlossen, mein Blick fiel auf eine Umgebung, in der kein Leben mehr stattfand.

Den Gedanken, eine Freundin anzurufen um sich mit ihr auf einen Kaffee und einen Plausch zu treffen, habe ich rasch verworfen! Ich musste alleine meinen Kaffee trinken, am besten etwas Süßes dazu, Schokolade & Co waren plötzlich nicht mehr meine Feinde!

Ich beschloss, bei der „Bürgerhilfe“ meines Ortes anzurufen und meine Hilfe für Gartenarbeit oder Einkäufe für kranke Menschen anzubieten! Drei Tage später erhielt ich den Auftrag, einen am Flughafen „gestrandeten“ 84-jährigen Österreicher zu betreuen. Er war drei Monate in einem Aparthotel, bis die Grenze nach Österreich  wieder geöffnet wurde und ziemlich hilflos. Diese ehrenamtliche Tätigkeit lenkte mich etwas ab und war wie „Zucker für die Seele“. Sie zeigte die Hilflosigkeit von Menschen, die wegen Corona in einer fremden Stadt „fest gehalten wurde“! Corona nun aus einer völlig anderen Perspektive!

Doch die fehlenden, budgetierten Umsätze fielen weiterhin aus, noch mehr Absagen für das 2. Halbjahr, existenzielle Ängste kamen auf! Die Veranstaltungs- und Incentive Branche war die erste die zwangsläufig herunter gefahren wurde und die letze der – bis heute – noch immer nicht geholfen wurde!

Unzufriedenheit und Phasen der Lethargie machten sich immer mehr in mir breit! Die Stimmung sank manchmal auf den Nullpunkt. Es hat reichlich Kraft und Energie gekostet, mich daraus wieder hoch zu hangeln! Ich musste aufpassen, dass „Abstand halten“ und kaum noch physische Nähe zu spüren nicht heißt: „auf Distanz gehen statt zusammen zu halten“!

Es fehlten die Ziele oder die Freude, etwas Schönes zu erleben, eine Ausstellung oder einen Botanischen Garten im Frühjahr zu besuchen, zu verreisen in ein aufregendes Wochenende. Nein! Die permanenten News über Covid-19 wurden zu den „Aufregungen“ in meinem Leben!

Wo ist das Leben mit seinen bunten Farben, Inspirationen und vielen Facetten geblieben? Fast alles war eintönig, kaum noch ein bunter Fleck auf der Karte.

Doch dann kam das Frühjahr, DAS kam auch trotz CORONA!

Das Coronavirus zerstörte vieles! Physisch wie psychisch, aber die Natur hat zum Glück ihre eigenen Wege und lässt sich nicht aufhalten! Sie brachte Buntes ans Licht; der Blick in Nachbars Garten oder auf den eigenen Balkon erfüllte mich mit neuer Freude. Singende Vögel im Garten erfreuten mein Gehör, verschlafene Sinne sind neu erwacht!

Lichtblicke nach dem Shutdown

Trotz Ausgangsbeschränkungen und geschlossener Lokale wurde das Leben wieder etwas bunter und blütenreicher, der Malkasten der Natur hat sich wieder mit Farbe gefüllt. Der Frühling kam mit seinen herrlichen Farben, sein Duft lag in der Luft, lockte die Pflanzen aus dem Winterschlaf, die Sonne verwöhnte uns, alles sprießte und erblühte so rasant, wie der Virus uns überraschte! Ich bemerkte, wie die Menschen wieder öfters ein Lächeln in den Augen hatten, auch hinter ihren Masken, auch meine etwas erstarrte Gefühlswelt erfüllte sich mit Strahlen und Freude im Gesicht.

COVID-19 hat mir viel abverlangt. Viel Zeit sich mit mir auseinander zu setzen. Psychohygiene zu betreiben, Werte und Ansprüche neu definieren, festzustellen, dass es auch „anders“ mit Konsum gehen kann. Noch mehr mein Immunsystem aufbauen als auf eine chemische Keule zu warten! Ebenso wie meine innere Ruhe besser zu finden und genauso die Abwechslung;  weniger eigenen Druck aufzubauen und gelassener an Dinge heran zu gehen. Die Zeit des mit dem Gefühl „zu Hause eingesperrt zu sein“ war eine große Herausforderung, aber erträglicher geworden. Ich versuchte, mit kleinen Dingen im Alltag das Glück einzufangen.

COVID-19 existiert hoffentlich nur für absehbare Zeit in unserer aller Leben. Es hat mich Neues gelehrt. Weniger (Mode)Konsum, mich mehr auf die inneren Werte zu besinnen, mehr Zusammenhalt zueinander mit Achtsamkeit und Rücksichtnahme, mehr Wärme, Güte und Hilfsbereitschaft untereinander. Psychohygiene zu betreiben statt Konsumrausch.

Ich wünsche mir, dass die Menschen damit nachhaltig umgehen! Sich gegenseitig mehr loben und achten, Nächstenliebe statt Groll, Hass oder Neid füreinander empfinden, ein offenes Ohr füreinander haben und Hilfsbereitschaft gegenüber den Schwächeren oder Einsamen zeigen und vor allem weiterhin mit einem Lächeln durch die Welt gehen und die Schönheiten und Schätze der Natur wahrnehmen!

Denn das Lächeln hat uns COVID-19 nicht genommen, auch nicht unter der Maske!

 

Christa Nohe, 60 Jahre
Selbständig mit Agentur für Firmenveranstaltungen